Die Entwicklung der Ost-Ampelmännchen
Die Entwicklung der Ost-Ampelmännchen
Hinter den „niedlichen“ Ampelmännchen stecken fundierte Forschung und Entwicklungsarbeit. Das oberste Ziel des Vaters der Ampelmännchen war mehr Sicherheit für Fußgänger.
Wer war er eigentlich, dieser Vater der legendären Ampelmännchen? Ein findiger Tüftler, kluger Stratege und großer Sportsfreund. Seine Lebensgeschichte hängt eng mit der Teilung und Wiedervereinigung Berlins zusammen.
Karl Peglau wurde 1927 in Bad Muskau in der Oberlausitz geboren und starb 2009 in Berlin. Nach verschiedenen Berufsausbildungen (Maschinenschlosser, Technischer Zeichner) studierte er schließlich Psychologie. Er war begeisterter Sportler und lebte mit seiner Ehefrau Hildegard in Berlin-Pankow, die ihn und seine Arbeit stets unterstützte.
Der Bau der Mauer vereitelte Peglaus Diplomarbeit. Er hatte ein Bremssystem für den Berliner S-Bahn-Ring entwickelt, doch war dies durch die Mauer hinfällig. Karl Peglaus Leben war eng mit der Geschichte verknüpft. Er arbeitete 30 Jahre lang als leitender Verkehrspsychologe im Medizinischen Dienst des Verkehrswesens der DDR. In dieser Position entwickelte er unter anderem psychologische Untersuchungsverfahren zur Ermittlung von Verkehrstauglichkeit und mehrere Leitsymbole für die Regelung des Verkehrsflusses, und für mehr Verkehrssicherheit.
Am 13. Oktober 1961 reichte der Verkehrspsychologe Karl Peglau in Berlin seine Vorschläge für neue Ampelsymbole ein, darunter sehr spezifische für Fußgänger: die „Ost-Ampelmännchen“ waren geboren.
Auf Grundlage dieser eingebrachten Vorschläge, wurde er „1962 durch den Vorsitzenden der Ständigen Kommission Verkehr der Stadtverordnetenversammlung von Großberlin beauftragt, eine Konzeption der Regelung und Sicherheit im Straßenverkehr zu erarbeiten“.
Die Ost-Ampelmännchen sind echte Berliner Jören.
– Karl Peglau, 1997
Wie und warum genau hat Karl Peglau seine berühmten Ampelmännchen so unverwechselbar „niedlich“ und dabei vor allem extrem funktional gestaltet?
Als Psychologe wusste Karl Peglau um die Wichtigkeit der emotionalen Wirkung und stattete sein Männchen mit Knollennase, Hut und Bauchansatz aus. Schließlich vertrauen wir am ehesten jemandem, der uns sympathisch oder sogar ähnlich ist. Manchmal wunderte sich selbst Karl Peglau über die Wirkung seiner Ampelmännchen schon auf dem Genehmigungsweg.
Dass die Männchen aber auf diesem Wege ihren kecken Hut nicht einbüßten, verblüffte uns sehr. Vielleicht weil auch die DDR-Repräsentanten, zumindest als Sonnenschutz, Hut trugen?
– Karl Peglau, 1997
Die Form des Hutes verdanken wir der Sekretärin von Karl Peglau und ihrem Zeichentalent: „Meine Farb-Form-Skizzen der Fußgänger-Signalanlage ergänzte, auf meine Bitte hin, meine zeichnerisch begabte Sekretärin, Anneliese Wegner, um Details.“
Vor allem aber erfüllten der Hut und auch die insgesamt füllige Figur der Ampelmännchen einen sehr guten Zweck. Es ging gar nicht in erster Linie um ihre Ausstrahlung und eine sympathische Wirkung, sondern um Sicherheit und Funktionalität. Denn mehr Fläche bedeutet mehr Licht, also bessere Sichtbarkeit – und damit mehr Sicherheit für die Fußgänger.
Die funktionalen Leitlinien (O-Ton Karl Peglau)
Den überraschenden Erfolg seiner Ampelmännchen konnte sich selbst Karl Peglau nicht ganz erklären. Sein Resümee fällt durchweg positiv aus:
„Vermutlich liegt es an ihrem besonderen, einer Beschreibung kaum zugänglichen, Fluidum von menschlicher Gemütlichkeit und Wärme, wenn sich so viele Menschen von diesen Symbolfiguren der Straße angenehm berührt und angesprochen fühlen und darin ein Stück ehrlicher historischer Identifikation finden, was den Ampelmännchen das Recht zur Repräsentation der positiven Aspekte einer gescheiterten Gesellschaftsordnung gibt.“
Die Ampelmännchen heute: Kult, Kultur, Symbole der Stadt
In den Nachwendejahren, in den Wirrungen der Abwicklung vieler DDR-Einrichtungen, wurden die Ampelmännchen zu Kultfiguren: „Symbole gegen unvernünftige Nach-Wende-Abwicklungsmentalität“, wie sich Karl Peglau erinnert. „So waren sie ursprünglich – und bleiben hoffentlich weiterhin – Figuren der Straße, nämlich psychologisch bedachte Symbole zur Verhaltensregelung der Fußgänger im Straßenverkehr.“
Seines Erachtens gab es keine Gründe, die Symbole aus ihren angestammten Plätzen in den neuen Bundesländern zu vertreiben – aber „viele gute Gründe, sie auch in den alten Bundesländern einzuführen“.